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Druckversion vom 29.04.2024 07:55 Uhr
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Gutachteraufgaben

von Berthold Hufnagel und Christian Westphal

 

Zentrale Kompetenzen, die zur Erstellung eines Gutachtens unbedingt benötigt werden, sind: Fachwissen besitzen und anwenden, Analysieren, Strukturieren, Argumentieren, die Fähigkeit zur kritischen Auseinandersetzung und zur überzeugenden Präsentation sowie digitale Medien kennen und angemessen anwenden.
Nicht zufällig stimmt diese Kompetenzliste zum Teil mit derjenigen überein, die zu stärken Zielsetzung des Mathematikunterrichts ist. Es liegt deshalb nahe, dass Schülerinnen und Schüler in die Rolle von Gutachtern schlüpfen, die ihre Ergebnisse zu einem Sachverhalt nicht nur überzeugend herleiten, sondern auch ebenso überzeugend darstellen oder präsentieren müssen.
Der Typ "Gutachter-Aufgabe" ist geboren.

 

Gegenstand

Gutachterinnen oder Gutachter nennt man Männer oder Frauen, die über Sachkenntnisse und Erfahrungen in einem Gebiet verfügen und damit nach gebräuchlicher Auffassung in der Lage sind, eine Darstellung und Bewertung - das Gutachten - zu einem Sachverhalt abzugeben. Gutachten werden zur Entscheidungsfindung in ökonomischen oder politischen Prozessen, bei privaten Meinungsverschiedenheiten und besonders bei Rechtsstreitigkeiten in Auftrag gegeben. Hintergrund ist die Erwartung, dass die überzeugende Argumentation für ein bestimmtes Ergebnis die Auseinandersetzung beendet oder Klarheit über das weitere Vorgehen schafft.

Ein Problem strukturieren, Wichtiges und Unwichtiges trennen, eine gute Argumentation finden, Alternativen aufzeigen, Lösungswege darstellen und überzeugend präsentieren sind die geforderten Kompetenzen. Das Honorar für das Gutachten hängt einerseits von dem Wert, der der Entscheidung beigemessen wird, und andererseits von der Reputation der Gutachterin oder des Gutachters ab.

Die dargestellten Kompetenzen auszubilden gehört über die Vermittlung fachlicher Kompetenzen hinaus zu den Zielen des Mathematikunterrichts. Probleme für Gutachten zu konstruieren und die Erstellung des Gutachtens in die Hand der Schülerin oder des Schülers zu geben ist eine Strategie für einen umfassenden Lernprozess, der viele Kompetenzen stärkt, die nicht ausschließlich im Mathematikunterricht erworben werden.

 

Voraussetzungen

Alle in NET-Mathebuch.de vorgeschlagenen Gutachteraufgaben sind nicht ohne Voraussetzungen zu bearbeiten. Die fachlichen Voraussetzungen sind in den Hinweisen für Lehrkräfte zu den jeweiligen Aufgaben benannt.

Für die fachliche Erarbeitung der Lösungen ist die Verwendung von Taschenrechnern, Grafiktaschenrechnern oder Computern mit Tabellenkalkulation (TK) z.B. OpenOffice.Calc oder Excel, Dynamischer Geometriesoftware (DGS) z.B. Beispiel Geogebra oder - in einigen Fällen - Computer-Algera-Systemen (CAS) z.B. Maple, Derive oder Mathematica hilfreich. Gegebenenfalls finden sich vertiefende Hinweise zur Software im Zusammenhang mit den Aufgabenstellungen.

Die Nutzung einer Textverarbeitung zur Erstellung des Gutachtens oder einer Präsentationssoftware zur Darstellung der Ergebnisse im Unterricht ist zwingend geboten. Das kann die Nutzung weiterer Software-Tools im Einzelfall erforderlich machen.

 

Ziele

Die Schülerinnen und Schüler

  • verbessern ihre Argumentationsfähigkeit. Sie erkennen, dass man Behauptungen durch eigene Berechnungen untermauern können muss.
  • recherchieren effektiv im Internet oder der ihnen zugänglichen Literatur. Sie beschaffen sich Information auch aus anderen Quellen zum Beispiel durch Befragen von ihnen bekannten Personen. Dies verbessert die Flexibilität und Wendigkeit.
  • erarbeiten das Wesentliche in komplizierten mathematischen Zusammenhängen und erklären es verständlich.
  • geben nicht gleich auf, wenn sie auf eine Schwierigkeit stoßen, sondern beschäftigen sich über einen längeren Zeitraum und immer wieder mit einem mathematischen Problem. Das erfordert Ausdauer, verbessert aber auch den Lernerfolg nachhaltig.
  • arbeiten selbstständig und eigenverantwortlich an einer Aufgabenstellung und organisieren ihre Arbeit in Teams.
  • entwickeln Strategien langfristigen Arbeitens und Planens.
  • interpretieren die eigenen Ergebnisse in Bezug auf die Problemstellung.

 

Abgrenzung zu Langzeitaufgaben und Anwendungsaufgaben

Gutachteraufgaben unterscheiden sich von Langzeitaufgaben oder komplexeren Anwendungsaufgaben deutlich.

Gemeinsam ist den Aufgabentypen die Notwendigkeit einen Sachverhalt zu mathematisieren, eine mathematische Lösung zu erarbeiten und deren Ergebnisse in Bezug zum Sachverhalt zu interpretieren.

Gutachteraufgaben gehen in vier Anforderungen darüber hinaus:

1. Schon der Sachverhalt ist zu interpretieren, weil Begriffe nicht geklärt oder Abhängigkeiten nicht definiert sind, so dass sich unter Umständen alternative Lösungen anbieten, die durchaus gleichwertig nebeneinander stehen können.

2. Über die mathematische Lösung hinaus ist eine Didaktisierung gefordert, weil Lösungsweg und Ergebnisse so dargestellt werden müssen, dass sie verständlich und überzeugend auch für denjenigen sind, der die mathematischen Vorgehensweisen selbst nicht in vergleichbarem Umfang beherrscht.

3. Die Notwendigkeit, gegebenenfalls Quellen zur Untermauerung der gewählten Vorgehensweisen benennen zu müssen.

4. Eine Zerlegung in Teilprobleme erfolgt auf keinen Fall in der Aufgabenstellung, sondern muss selbst erarbeitet werden.

Ein Beipiel für eine durchaus komplexe Langzeit- oder Anwendungsaufgabe, die diese vier Anforderungen nicht erfüllt ist Produktion - Grenzkosten und Durchschnittskosten. Thematisch vergleichbar ist die Gutachteraufgabe Jonglierkeulenproduktion. Die Zielsetzung der erstgenannten Aufgabe ist eine Vertiefung mathematischer Zusammenhänge, Vorgehensweisen und Begriffsbildungen. Das Gutachten zur Jonglierkeulenproduktion erfordert dagegen Entscheidungen zur Auswahl angemessener Vorgehensweisen, die Klärung von Zusammenhängen und deren begriffliche Präzisierung.

 

Literaturhinweise

Berthold Mersch: Mit Gutachteraufgaben mathematisch argumentieren;
in Barzel, Hußmann, Leuders (Herausgeber): Computer, Internet & Co. im Mathematikunterricht; 2005 Cornelsen Verlag Scriptor GmbH & Co. Kg, Berlin; ISBN 978-3-589-21850-9

Christian Westphal: Schüler als Gutachter - Analyse- und Argumentationsfähigkeiten durch Langzeit- bzw. Gutachteraufgaben fördern; in PM Heft 21, Juni 2008, 50. Jg.

 

 

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